„Ich sehe Dinge, die kein Tourist sieht“
Interview
Sicherheitsexperte bei Bosch zu sein, hat auch seine exotischen Seiten. Wir fragten Michel Huger. Er verantwortet die Betreuung der Sicherheitstechnik in Deutschlands Touristenhochburg Schloss Neuschwanstein.
Hallo Herr Huger,
sind Sie heute schon durch den Thronsaal in Neuschwanstein stolziert?
Nein, nein, ich bin ja nicht jeden Tag im Schloss, sondern vielleicht zwei Mal im Jahr. Durch unseren Wartungsvertrag sind unsere Servicetechniker natürlich regelmäßig dort. Wir sind für die komplexe Brandmeldeanlage zuständig und haben eine Beschallungs- und Evakuierungsanlage sowie das Videosystem installiert. Da gibt es immer etwas zu tun.
Ist Ihr Auftraggeber ein echter Schlossherr?
Unser Ansprechpartner ist das Staatliche Bauamt. Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Das muss auch so sein. Neuschwanstein ist ja nicht irgendein Gebäude.
Worin liegen denn die besonderen Herausforderungen?
Die Kunst ist es, in die bestehende Bausubstanz so wenig wie möglich einzugreifen und bei Arbeiten den Publikumsverkehr nicht zu behindern. Dazu kommen ganz spezielle Dinge, zum Beispiel bei der Beschallungsanlage. Wie ist es mit der Verständlichkeit in diesen verwinkelten Gebäuden – und das in mehreren Sprachen? Da braucht man Erfahrung mit historischen Gebäuden.
Muss man für Ihre Arbeit etwas über die Geschichte des Schlosses wissen?
Das interessiert mich eher privat. Ich bin ja gebürtiger Füssener. Ich bin zwar noch nie als Tourist im Schloss gewesen, aber dafür zu arbeiten, macht mich schon stolz. Und wenn ich das Freunden oder der Familie erzähle, wollen immer alle wissen, wie es dort aussieht.
Und was erzählen Sie dann?
Es ist faszinierend, denn ich sehe Dinge, die nie ein Tourist zu Gesicht bekommt. Der Dachboden zum Beispiel, ist zum Teil drei Stockwerke hoch und beeindruckend konstruiert. Oder dieser Balkon, von dem man einen wundervollen Blick über das ganze Füssener Tal hat. Wirklich beeindruckend.
Gewinnt man neue Erkenntnisse, wenn man sich mit so berühmten, alten Schlössern beschäftigt?
Es gibt da die Top drei Erkenntnisse. Erstens: Bei jedem Gespräch sofort alles dokumentieren und Fotos machen. Der Servicetechniker hat sonst Schwierigkeiten aufgrund der Komplexität die richtige Stelle oder das richtige Gerät zu finden. Zweitens: Mache nie einen Termin nach neun Uhr morgens – sonst musst du mit den Touristenströmen zum Schloss hochlaufen. Und das kann dauern. Drittens: Vergiss nie etwas im Auto. Der Weg vom Schloss zurück zum Parkplatz ist lang…
Wussten Sie schon, dass ...
1,4 Millionen Menschen
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mehr als 6 000 Besucher
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