„Man lernt das Gebäude viel besser kennen“
Sie sind besonders sicher, komfortabel und effizient – wenn Büros, Einkaufszentren oder auch Flughäfen zu „Smart Buildings“ werden, profitieren nicht nur Eigentümer und Betreiber, sondern auch die Nutzer. Habib Modabber, Direktor Business Development bei Bosch Sicherheitssysteme, weiß, welche Vorteile der Einsatz digitaler Gebäudezwillingen bringt.
Herr Modabber, manche Gebäude werden heute direkt als Smart Building geplant. Doch wie verhält es sich mit Bestandsbauten?
Da haben die meisten Gebäude noch den großen Sprung zum Smart Building vor sich. Dabei produzieren sie über verbaute Sensoren und die gebäudetechnischen Systeme ja heute schon viele Daten. Dazu zählen zum Beispiel die Gebäude-, Licht- und Energie-Managementsysteme oder die Sicherheitstechnik. In der Realität laufen diese Systeme allerdings oft autark nebeneinander und sind nicht oder nur wenig integriert. Neue Ansätze mit Gateways und IoT eröffnen viele neue Möglichkeiten und Chancen, um die Sicherheit, den Komfort und die Effizienz in Gebäuden zu steigern. Sie müssen nur genutzt werden.
Durch den digitalen Zwilling entsteht eine völlig neue Transparenz.
Wie können digitale Gebäudezwillinge hierbei helfen?
Mit einem „digital twin“ wird ein ganzheitliches digitales Abbild des Gebäudes unter Berücksichtigung verschiedener relevanten Aspekte und inklusive aller Technologien, Systeme und Sensoren erzeugt. Dieses Abbild kann sowohl in der Cloud als auch lokal existieren. Mit nur einem, jedoch integrierten digitalen Zwilling wird es möglich, die Beziehungen der Systeme zum Gebäude und untereinander darzustellen. Bislang ist das mit Einzelsystemen ein sehr manueller und aufwendiger Prozess. Durch den digitalen Zwilling wissen nun alle voneinander und können sich miteinander austauschen – es entsteht eine völlig neue Transparenz.
Sehen Sie hier noch weiteres Potenzial?
Unbedingt. Wir haben bereits viel an der Konnektivität unserer Produkte gearbeitet und gehen jetzt mit Services, wie In-Store Analytics oder dem videobasierten Branderkennungssystem Aviotec, die nächsten Schritte. Ein weiteres Beispiel ist das Thema Condition-Monitoring, ein auf Fernwartung aufbauender Service. Dieser ermöglicht einen ständigen Überblick über den Zustand einer Anlage, etwa über den Verschmutzungsgrad eines Brandmelders. So können Wartungsarbeiten und nötige Investitionen vorab geplant und Störungen der Anlage vermieden werden. Es werden aber noch viele weitere Schritte folgen. Gerade im Bereich Sicherheits- und Gebäudetechnik haben wir die Möglichkeit, alle Aspekte von IoT und Digitalisierung – also Hardware, Software, Daten und neue Technologien wie Künstliche Intelligenz – zusammenzubringen und für unsere Kunden extrem wertvolle Lösungen zu schaffen. Ich finde es sehr aufregend, ein Teil dieser Entwicklung zu sein.
Wo sehen Sie künftig die größten Chancen Ihrer Kunden auf einen „wertvollen Nutzen“?
Für mich sind das vor allem drei Bereiche: Vernetzung und Intelligenz, Nachhaltigkeit und Sicherheit. Bei Vernetzung geht es darum, dass die Versprechungen der Hersteller, Daten zunehmend intelligent nutzen zu können, auch umgesetzt werden. Durch unseren engen Kundenkontakt sowie durch die Kombination von technischem Know-How und neuen Technologien sind wir durchaus in der Lage, diesen realen Nutzen zu schaffen. Außerdem geht es mehr und mehr um Nachhaltigkeit. Bei Gebäuden heißt das vor allem der steigende Bedarf an Effizienz, es braucht also Automatisierung, Kontrollsysteme, und letztlich wird auch Energie-Beratung eine immer größere Rolle spielen. Und schließlich geht es in einer globalen Welt auch um die Sicherheit an sich. Dazu gehört neben der Sicherheit von Menschen auch die Datensicherheit. Das Bedürfnis nach Sicherheit war und ist schon immer ein sehr wichtiges. Ich finde es großartig, dass wir als Industrieexperten einen Beitrag dazu leisten können.
Man kann also über den Zwilling mit dem Gebäude kommunizieren?
Ja, durch semantische Abfragen an die Systeme wird das möglich. Und genau das ist auch der wesentliche Ansatz des virtuellen Abbildes. Man lernt das Gebäude viel besser kennen! Beispielsweise kann ich nun abfragen, wie oft und wie lange Räumlichkeiten genutzt wurden und wie diese temperiert waren. Vielleicht ist die Raumnutzung viel geringer als ursprünglich gedacht, aber es werden konstante Temperaturen von 20 Grad vorgehalten – also ein konkreter Hinweis um die Energieeffizienz zu steigern. Space Management, also eine optimale Ausnutzung der Flächen, ist ein weiteres Stichwort. Heute haben viele Unternehmen noch wenig zuverlässige Informationen über die wirkliche Nutzung einzelner Räume, ganzer Stockwerke oder mehrerer Gebäude. Vielleicht werden die Flächen dauerhaft nicht optimal ausgenutzt, sie können verkleinert werden und dadurch die Betriebskosten gesenkt.
Es gibt großes Potenzial für IoT-Services, die Abläufe verbessern, beschleunigen oder automatisieren.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Indoor Wayfinding wäre ein solcher Use Case: Besucher erhalten eine Parkplatzreservierung mit digitaler Anzeige, im Aufzug erscheint ein personalisierter Willkommensgruß, eine Navigationshilfe zeigt den Weg bis zum Besprechungsraum.
Im direkten Austausch mit unseren Kunden in den USA und in Deutschland entwickeln wir solche kreativen Lösungen, mit denen der Alltag der Menschen in Gebäuden verbessert wird.
Digitale Gebäudezwillinge spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Digitale Zwillinge für die Gebäudeautomatisierung
Von physischen Strukturen und Systemen über semantische Modelle zur Ausführung von Prozessen bis hin zu analytischen Erkenntnissen für hocheffiziente Abläufe in der Gebäudeautomatisierung:
Diese Präsentation von Habib Modabber auf Bosch Connected World 2020 zeigt einen funktionsfähigen digitalen Zwilling in Aktion und sein Potenzial für die Gebäudeautomatisierung.
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